Vogelsberg 2001 oder Protokoll einer Beobachtungskatastrophe

In den letzten Jahren war das Teleskoptreffen auf dem Vogelsberg ja teilweise zu fröhlichen Wasserspielen mutiert. Diesmal war alles ganz anders. Petrus hatte sich zum wahren Astrofan gewandelt und bescherte uns ein Teleskoptreffen, von dem wir noch lange sprechen werden.


In diesem Jahr hatte ich mir vorgenommen, alle privaten Termine zur Vogelsbergzeit zu blocken und endlich mal wieder mit dabei zu sein. Das Treffen läuft ja offiziell vom Himmelfahrtstag bis zum darauffolgenden Sonntag. Aber die ersten Teilnehmer kommen meist schon in der Woche vor dem ITV-Termin dorthin. Ich hatte mir vorgenommen, ab dem Montag auch schon vor Ort zu sein. So fuhr ich also rund viereinhalb Stunden (wieso ignorieren die LKW-Fahrer eigentlich alle Überholverbote?) bis zum ITV-Gelände und traute meinen Augen kaum: Es war schon richtig Trubel auf dem Sportplatz, der das Hauptgelände des ITV darstellt. Es hatte sich schon eine starke norddeutsche Kolonie, beginnend von den Lübeckern über Helge Schlinzig bis Rüdiger Heins gebildet. Gleich neben Rüdigers Wohnmobil baute ich mein Zelt auf. Bei dem böigen Nordostwind war das ein recht hartes Stück Arbeit. Anschließend kam die Kür: Das Teleskop wurde aufgebaut und provisorisch in Richtung Norden ausgerichtet. Die Sonne ging unter und es wurde ganz schön kalt. Zum Glück hatte ich meine Daunenjacke dabei. Die erste klare Nacht begann und mit ihr kam das notwendige Übel des Einnordens. Auf dem Grasboden des Sportplatzes sanken die Stativbeine immer tiefer ein. Die Poljustierung dieser ersten Nacht war also recht mau. Das bekam ich bei meinen ersten Testaufnahmen mit der CCD-Kamera zu spüren. Sie korrigierte kräftig die Abweichungen, aber so konnte es nicht weitergehen. Am nächsten Morgen hatte ich mir dann erst mal Holzstücke als Unterlage besorgt. Gegen 2.30 Uhr kam dann schon die Dämmerung. Die Nächte waren also recht kurz. Ich baute das CCD-Equipment vom Teleskop ab und fiel dann erst mal glücklich ins Bett. Zeit langer Zeit war dies wieder mal eine richtige Astronacht. So gegen 9 wurde ich dann wach. Jetzt fuhr ich erst mal Brötchen holen und dann wurde gefrühstückt. Anschließend machte ich erst mal meine Runde über den Platz. Viele bekannte Gesichter waren schon dort und so gab es erst mal das große Hallo. Auch dieses Jahr gab es wieder schöne Selbstbauteleskope zu bewundern. Stathis hatte einen Dobson in absoluter Leichtbauweise dabei. Dieses Gerät bekam auch zu recht den ersten Preis bei den Selbstbauteleskopen. Neben mir hatte Rüdiger Heins seinen selbstgeschliffenen 14-Zöller dabei. Das Beobachten mit diesem Teleskop war ein absoluter Augenschmaus. Dieser Spiegel ist ein Meisterstück. Oft rief Rüdiger mich von meinem Teleskop zu sich, um mir die eingestellten Objekte zu zeigen. Der Cirrus-Nebel und andere Standardobjekte waren der absolute Oberhammer. Dieses Teleskop bekam dann auch völlig zu recht den zweiten Platz bei den Selbstbauten zugesprochen. Den dritten Platz belegte auch ein norddeutscher Sternfreund. Helge Schlinzig hatte eine Spiegelprüfeinrichtung gebaut, die die Jury überzeugt hatte. Da sage noch mal einer, dass wir Nordlichter in Sachen Astronomie nicht so aktiv seien! Helge hatte sein Teleskop auf seinem Selbstbau-Stativ mit dem schönen Namen „Woodmaster“ befestigt. Diese Stative sind wirklich sehr stabil, da können ganze Horden von HB-Männchen um das Stativ tanzen und da wackelt nichts. Sie haben absolute Säulenqualität. Für die musikalische Untermalung des Treffens sorgte das Team vom Astrogarten mit seinem mobilen astronomischen Sommerhaus (MASH). Diese trinkfeste Truppe war auch stimmungsmäßig immer voll am Anschlag. Eine Gruppe von Bullen auf einer ca. 300 Meter entfernten Koppel kam immer wieder mit ihnen in Kontakt. Das aus der wattstarken Musikanlage ausgesandte Muuuhh! wurde von dort zur Erheiterung der Treffteilnehmer immer wieder „beantwortet“ (was die sich wohl zu sagen hatten...). Ich möchte aber nicht wissen, was die direkt daneben campierenden Treffteilnehmer zu diesem lautstarken Treiben zu sagen hatten. Immerhin hatten einige auch Kinder dabei, die sicherlich auch einmal schlafen wollten... Schlafen, was ist das? Die nächste Nacht wurde ebenfalls klar. Der Wind war deutlich zurückgegangen. Dank der Holzstücke hielt meine Montierung ihre Polausrichtung und ich konnte ein paar Aufnahmen von Galaxien und Kometen machen. Während des ITV konnte ich nun mein Equipment (LX200 8“ + SBIG ST-6) mal im Dauerbetrieb kennen lernen. Ganz wichtig war es, dass ich die PEC des Teleskops aktiviert hatte. So lief die Montierung teilweise bis zu 5 Minuten ohne Korrektur. Die Geschwindigkeit der Montierung beim Aufsuchen von Objekten hatte ich allerdings auf die Hälfte reduziert. Die LX200 macht doch sonst einen Höllenkrach... Lauter wurde es auf dem Gelände öfters. Jede Sternschnuppe und jeder Iridium-Flare wurden mit großem Hallo quittiert. Auch die ISS war mehrmals sichtbar. Schon wieder kam die Dämmerung, wieder war eine Nacht vorbei.


Am Vatertag wurde es dann richtig voll. Doch die Selbstdisziplin der Teilnehmer war doch recht groß, so dass kein zu wildes Campen vorkam. Die Durchfahrten blieben frei und jeder hatte doch genug Platz für sich. Zum Glück wurde auch die Nebenwiese des Sportplatzes mit benutzt. Ich erinnere mich noch an die ersten ITVs. Da hatten noch alle auf dem Sportplatz unterkommen können. Laut Information der Veranstalter waren ca. 650 registrierte Teilnehmer anwesend. Tagsüber kamen dann noch die Gäste dazu, so dass man von rund 1000 Teilnehmern ausgehen konnte. Dank des guten Wetters blieben die sanitären Anlagen diesmal recht sauber. Eine weitere Toiletten-/Duschkombination in Form eines Containers sorgte für eine entspannte Lage. Trotzdem fragte ich mich manchmal, ob einige Teilnehmer zu Hause ihre Toiletten in ähnlichem Zustand hinterlassen. Die Organisatoren des ITV - Walter Kutschera und Martin Birkmaier - hatten alles im Griff. Zehn Jahre ITV-Erfahrung sind ihnen deutlich anzumerken. Souverän und routiniert haben sie die Veranstaltung gelenkt und dabei immer noch Zeit für einen kleinen Plausch. So macht die Teilnahme wirklich Spaß! Die Stimmung auf dem Treffen war dank des Wetters wirklich sehr entspannt. Die Teilnehmer strahlten mit der Sonne um die Wette. Highlight waren natürlich wieder die beiden großen 30“-Dobsons, an denen sich jede Nacht lange Schlangen bildeten. Man hat ja auch nicht jede Nacht die Möglichkeit einmal M13 oder M51 durch ein Instrument dieser Größe zu sehen. Aber auch die „normalen“ Teleskope wurden reichlich benutzt. So brachte es ein Teilnehmer fertig, ohne Teilkreise die Venus am Taghimmel einzustellen. Er benötigte rund 90 Minuten dafür, aber der letztendliche Erfolg hat ihn dafür entschädigt. Ich persönlich war vom Anblick der Sonne mit einem Coronado-Filter begeistert. Obwohl ich kein Sonnenbeobachter bin, fand ich diesen Anblick noch kontrastreicher als zum Beispiel den Anblick der Sonne mit einem Daystar-Filter. Man merkte doch recht deutlich, dass sich die Sonne auf dem absteigenden Ast der Aktivität befindet. Es waren zwar ein paar schöne Protuberanzen zu sehen, aber insgesamt war die Aktivität doch recht gering. Die letzte Nacht vom Samstag auf den Sonntag war dann bewölkt. Doch richtig traurig war darüber keiner, da wir doch alle am nächsten Tag recht weite Autofahrten vor uns hatten. Auf jeden Fall wird dieser ITV bei uns allen in Erinnerung bleiben. Dieses Wetter wird in Zukunft schwer zu toppen sein!


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